Honorare in der Personalberatung (Teil 1) - Drittel-Regelung oder erfolgsbasiert?
- mwerntges
- 18. Aug. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Okt. 2022
Warum weder erfolgsabhängige Honorare noch die klassische Drittel-Regelung kundenfreundlich sind

Widmen wir uns in diesem Artikel doch einmal einem wenig öffentlich diskutierten Thema aus der Personalberatung: Honorare. Hier herrscht nur wenig Transparenz im Markt. Räumen wir also ein wenig mit Annahmen auf und gehen auf dieses Thema näher ein. Wir unterscheiden erst einmal grob in Honorarhöhe und Honorarmodell. Im heutigen Artikel geht es zunächst um das Honorarmodell.
Wir beleuchten in diesem Artikel die zwei im Markt häufig anzutreffenden Honorarmodelle und zeigen auf, warum diese nicht den Kunden im Fokus haben. Lassen Sie uns anhand von zwei üblichen Szenarien eine Bewertung vornehmen:
Szenario 1:
Es klingt erst einmal verlockend. Ein „Personalvermittler“, äußerst spezialisiert in seinem Themengebiet, will mit Ihnen als Kunde zusammenarbeiten. Die Versprechen sind groß: Das Unternehmen bietet ein riesiges, aktives Netzwerk an „verfügbaren“ KandidatInnen aus dem gewünschten Fachgebiet in einer Datenbank, ggfs. wird für die Suche noch eine Anzeige geschaltet und (obwohl das oft nur sehr unzureichend geschieht), ist eine aktive Ansprache von KandidatInnen Teil des Leistungsportfolios. Beim Thema Honorar wird es nun scheinbar noch interessanter:
Die gesamte Dienstleistung, sprich der aufgezeigte Weg, ist völlig kostenneutral. Erst bei einer erfolgreichen Einstellung einer der vorgeschlagenen KandidatInnen fällt ein Honorar an, in der Regel bei klassischen Vermittlungsagenturen zwischen 20-30%. Warum nicht, denken Sie sich als Kunde? Kein Risiko und vielleicht wäre die Erfolgswahrscheinlichkeit sogar noch höher, wenn mehrere Agenturen auf Basis dieses Modells auf die Suche gehen.
Szenario 2:
Sie treten in Kontakt mit einer etablierten Personalberatung. Diese verfügt über tolle Referenzen in Ihrer Branche, eine ausgefeilte Suchmethodik mittels der Direktansprache anhand einer Zielfirmenliste, die persönliche Interview-Führung mit geeigneten Kandidaten (+ Spesen, die Sie als Kunde bezahlten müssen) und vieles mehr. Keine Frage: Die Dienstleistung ist hochwertig und schafft Vertrauen, nicht zuletzt aufgrund eines wohlklingenden Namens innerhalb der Branche und nachweisbaren Referenzen. Nun kommt das Honorar zur Sprache und Sie als Kunde „schrecken“ auf: 30% bei klassischer Drittel-Regelung. (Branchendurchschnitt 2021 lag bei 27%, Quelle: BDU-Studie Personalberatung in Deutschland).
Klassische Drittel-Regelung? Das bedeutet für Sie als Kunde in aller Regel die folgende Aufteilung, die sich in der Branche seit Jahrzehnten nahezu etabliert hat. (Anmerkung: ein Honorar nach Zeitfortschritt, das es zum Teil auch gibt, wird hier nicht näher betrachtet)
1. Drittel: Bei Auftragserteilung / Start der Suche
2. Drittel: Bei Start der Interviewphase
3. Drittel: Erfolgreiche Besetzung der Vakanz
Welches Szenario klingt für Sie attraktiver? Szenario 1 oder Szenario 2?
Diese Frage ist pauschal nicht zu beantworten, da viele Faktoren wie Dringlichkeit der Besetzung, Relevanz der Position innerhalb des Unternehmens, Vertraulichkeit und andere Faktoren in die Entscheidung für Ihre Auswahl mit hinein spielen.
Was aber beantwortet werden kann: Beide Modelle sind unabhängig von der Güte der Personalberatung letztlich nicht kundenfreundlich.
Warum nicht?
Eine erfolgsabhängige Personalsuche, wie in Szenario 1, ist für Sie als Kunde maximal unverbindlich. Es besteht weder eine Bringschuld für den Personalvermittler, noch eine Holschuld für Sie als Kunde. Sie treffen diese Form in aller Regel bei britischen Personalvermittlern an, die als Vertriebsorganisationen organisiert sind. Das angebotene Honorarmodell bedeutet Skaleneffekte, die vor allem dem "Vermittler" dienen: Vertrieblich gut geschulte Personalvermittler sollen über dieses scheinbar attraktive Modell leicht an Projekte kommen und hierüber eine kritische Masse an „Kunden“ akquirieren. Ein systematisches Vorgehen im Sinne einer klassischen Personalberatung (Zielfirmenliste, Direktansprache) ist aber organisatorisch nicht abbildbar noch gewünscht. Der Vermittler verfügt zudem nicht über entsprechendes Know-How. Somit wird er nach dem Gießkannen-Prinzip den Fokus auf diejenigen Suchprojekte legen, die leicht zu besetzen sind. Wird es komplex, steigt er in aller Regel schnell aus und die anfängliche Euphorie eines schnellen Geschäfts für den Vermittler und der schnellen Besetzung für den Kunden verfliegt sehr schnell (von der Tatsache, dass das so wichtige Briefing wenig Zeit in Anspruch nimmt und die vorgestellten Profile nicht passen, einmal ganz zu schweigen). Wenn Sie sich als Kunde auf dieses Vorgehen verlassen, stehen Sie am Ende möglicherweise ganz ohne Besetzung dar.
Die klassische Drittel-Regelung hingegen ist ohne Frage das seriösere Honorarmodell, das dem Anspruch an eine gute Personalsuche gerecht wird. Soweit so gut. Es stellt jedoch für Sie als Kunde eine Hürde dar, die schon bei der Beauftragung anfängt. Ohne Frage: Ein guter Personalberater benötigt ein Anfangshonorar, um seine Arbeitszeit mit einer gewissen Priorität und
Qualität für Sie als Kunde zur Verfügung zu stellen. Gehen wir aber einmal von den genannten 26,3% aus, die 2018 das Durchschnittshonorar bildeten: Das bedeutet ausgehend von einem fiktiven Jahresbruttogehalt des zu suchenden Kandidaten von 100.000 Euro zunächst einmal eine Vorab-Zahlung in Höhe von fast 9.000 Euro. Für den Start eines guten, transparenten Suchprozesses mag das auch angemessen sein. In einem nächsten Schritt wäre aber bereits das zweite Drittel zu zahlen, das ab einer Interviewphase fällig wäre.
Und hier wären wir bei einer weiteren Hürde:
Sie werden sich als Kunde sehr genau überlegen, ob Sie die vorgestellten KandidatInnen einladen. Warum? Weil dann, spätestens nach der zweiten Einladung, in aller Regelung das nächste Drittel, also erneut fast 9000 Euro fällig werden. Hier ist zu bedenken, dass aus der Erfahrung heraus immer weniger Kandidaten in den engeren Kreis gebracht werden können und eine schnelle Entscheidung bzw. Start des Interviewprozesses in einem kandidatengetriebenen Markt absolut ratsam ist. Sie erkennen das Problem? Das Modell stellt Hürden dar, kann den Besetzungserfolg behindern und teilweise deutlich verringern. Ein Umdenken im Sinne einer kundenfreundlichen und zugleich verbindlichen Honorargestaltung muss also her.
Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit Personalberater und Kunde zufrieden sind?
Wichtig ist die Verbindlichkeit und Sicherstellung eines hochwertigen Suchprozesses bei gleichzeitig niedriger Eintrittsbarriere für die Zusammenarbeit aus Kundensicht.
Ein Anfangshonorar ist unerlässlich, sollte aber keine zu große Hürde darstellen. Für Spezialisten-Positionen bis zum mittleren Management sollte dieses etwa bei einem Drittel des Gesamthonorars liegen (je nach Höhe des Gesamthonorars). Sie als Kunde sollten zudem verstehen, welche Tiefe der Dienstleistung Sie erhalten.
Danach sollte es dann nur noch eine 2. Rate geben, nämlich ein Erfolgshonorar.
Durch die Vorabzahlung wurde bereits die notwendige Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit geschaffen. Im Anschluss steht nur noch die Besetzung für Personalberater und Kunde im Fokus. Der Start eines Interviewprozesses sollte keine „Honorarhürde“ darstellen und den Prozess verzögern. Sie als Kunde sollten direkt den ersten Kandidaten einladen dürfen, ohne dass hierfür eine weitere Teilzahlung anfällt. Und auch die Einladung weiterer Kandidaten sollte kostenneutral erfolgen.
Kurzum: Unsere Branche muss stärker im Sinne des Kunden handeln, ohne aber die Qualität der Dienstleistung zu „verwässern“. Ein 2-Stufen-Honorarmodell ist eine aus beiderseitiger Sicht vernünftige Lösung.
Was ist ein modernes, zeitgemäßes Honorarmodell aus Ihrer Sicht? Lassen Sie uns diskutieren. Ich freue mich auf einen regen Austausch!
@ In einem nächsten Artikel (Teil 2) wird die im Markt etablierte Prozent-Regelung in Abhängigkeit vom Jahresbruttogehalt kritisch hinterfragt. (coming soon)
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